Pfarrer Martin Scholl (1898–1945)

 

 


                                      Walter Schmidt

 

               Martin Scholl (1898–1945)

                 Pfarrer in Auras in nationalsozialistischer Zeit

 

Es war unmittelbar vor Weihnachten im Kriegsjahr 1942. Ich besuchte,
um der Napola (Nationalpolitische Erziehungsanstalt) zu entgehen, für
die mich der damalige Hauptlehrer und Ortsgruppenleiter der NSDAP
von Auras vorgeschlagen hatte, seit Anfang September die Breslauer mit
„Dr. Lobmayers Privater höherer Lehr- und Eilvorbereitungs-Anstalt“
zusammengeschlossene private „Dr. Gudenatz’ Höhere Lehr- und Vor-
bereitunganstalt“ und hatte dort gerade mein erstes Zeugnis erhalten. Es
war durchwachsen, im Großen und Ganzen zwar recht ordentlich, aber
in Latein prangte eine Fünf darauf und erregte sofort den tätigen Unmut
meiner Mutter. Ihre Enttäuschung war um so verständlicher, als Vater drei
Wochen nach Aufnahme meines Unterrichts in Breslau Ende September
verhaftet worden war. (1) Kurz darauf lud mich Pfarrer Scholl zu sich ein.
Er war erst Mitte August 1942 nach einem Jahr und drei Monaten Unter-
suchungs- und Strafhaft wegen so genannter „Heimtücke“ aus dem Bres-
lauer Gefängnis entlassen worden. Trotz meines Breslauer Schulbesuchs
diente ich bei ihm noch weiter als Ministrant. Mutter hatte ihn sicher über
mein „Missgeschick“ bzw. meine Fehlleistung informiert. Er nahm mich
in einem längeren Nachmittagsgespräch unmittelbar nach Weihnachten
gehörig ins Gebet und wertete hart, aber gerecht die leidige Sache mit
mir aus. Das mündete in die unwiderrufliche Festlegung, ab sofort drei
Mal in der Woche bei ihm anzutanzen, um die Anfangsgründe von Latein
gründlich zu repetieren. Was folgte waren etwa drei bis vier Wochen inten-
sivstes Lernen, in denen mir endgültig klar wurde, dass Oberschulbesuch
etwas mehr verlangte, als ich bis dahin für die Schule zu tun gewohnt
war, zumal wenn es um fremde Sprachen ging. Der Erfolg blieb nicht aus.
Seitdem bewegten sich meine Lateinnoten bis zum Abitur 1949 durch-
_________

1   Walter Schmidt, Joseph Schmidt (16. März 1895–08. November 1943). Erinnerungen an
     meinen Vater, in: Horst Helas/Rainer Zilkenat (Red.), Antifaschismus als humanistisches
     Erbe in Europa. Festschrift zum 60. Geburtstag von Prof. Dr. Rolf Richter, Berlin 2005.

 

 

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weg zwischen Eins und Zwei; und auch andere Sprachen erlernte ich
auf dieser Grundlage beträchtlich leichter. Dieses mein eigenes Leben
einigermaßen prägende Erlebnis blieb mehr als anderes fest in meiner
Erinnerung und ist Anlass, gegenüber dem Manne, der sich in schwie-
riger Zeit meiner angenommen hat, Unabgegoltenes anzusprechen und
abzugelten.
                                                 *   *   *
Wie verlief der Lebensweg des Martin Scholl, der sich ganz dem Glauben
und der Kirche, der Seelsorge zumeist einfacher Leute gewidmet hatte.
Geboren am 29. Dezember 1898 in Kattowitz, (2) wuchs Martin Tho-
mas Scholl in einer gottesfürchtigen, den katholischen Glauben tagtäglich
praktizierenden Familie auf. Sein Vater Ferdinand Scholl (1854–1931),
ein stattlicher selbstbewusster Mann, war Ober-Gütervorsteher und Rech-
nungsrat bei der Reichsbahn. (3) Zu Beginn des 20. Jahrhunderts war er von
Kattowitz nach Oppeln versetzt worden, stieg aber auf der Karriereleiter
nicht höher, weil der protestantisch und preußisch geprägten Verwaltungs-
spitze der Reichsbahn im Regierungsbezirk nicht so recht gefiel, dass er
sich nicht abhalten ließ, Jahr für Jahr an der Fronleichnamsprozession teil-
zunehmen. (4) Martins Großeltern, die er selbst nicht mehr kennen lernte,
waren väterlicherseits dem Kürschnerhandwerk und mütterlicherseits dem
Lehrerberuf verbunden gewesen. (5) Zwei ältere Schwestern starben bereits
vor seiner Geburt, so dass er seine Kindheit nur mit seiner 1894 geborenen
Schwester Stefanie Eva, genannt Steffi, verlebte.
In Oppeln besuchte er zunächst die Volksschule und seit 1909 das
katholische Gymnasium, eine altehrwürdige, bereits 1668 von Jesuiten
als Gelehrtenschule gegründete Lehranstalt mit großer Tradition, die von
1905 bis 1919 unter der Leitung von Direktor Sprotte, einem Gehei-

 

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2  Zu seinen Lebensdaten siehe u.a.: Urteil des II. Sondergerichts beim Landgericht Breslau
    vom 01.06.1942, in: Bundesarchiv (Barch) Berlin, R 5101: Reichsministerium für kirchliche
    Angelegenheiten, Nr. 22249: Beschwerden und Strafverfahren gegen katholische Geistliche
    pp. im Regierungsbezirk Breslau von Juni 1940–1944, Bl. 184.
3  Ahnentafel des Martin Jaschick, Hindenburg, den 20.08.1938: Aus dem Familienbesitz
    des Neffen von Martin Scholl, von Johannes Jaschick, und Abgangszeugnis Martin Scholls
    von der Universität Breslau vom 03.06.1922, in: Archiwum Uniwersytetu Wrocwławskiego
    (AUW), Uniwersytet Wrocławski (UW) 1811–1945, TK 156.
4  Auskunft von Johannes Jaschick, Jg. 1929, Juni 2001.
5  Ahnentafel (wie Anm. 3).

 

 

 

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men Studienrat stand. (6) Martin scheint in der Schule ein aufgeweckter,
selbstbewusster Schüler gewesen zu sein, der sich immerhin traute, dem
Lehrer zu widersprechen, wenn er meinte, dass sich auch auf einem ande-
rem als dem vorgeschlagenen Wege eine Lösung finden lasse. (7) Als Sieb-
zehnjähriger verließ er 1916 das Oppelner Gymnasium ohne Abschluss. (8)
Die spärlichen Quellen sagen nichts darüber, warum er abging und seine
Vorbereitungen auf das Universitätsstudium nun in einer anderen katho-
lischen Lehranstalt, auf dem Gymnasium in Frankenstein fortsetzte. (9) Ein
Jahr darauf, im Mai 1917, wurde er, nun achtzehnjährig, Soldat; ob zum
Heer gezogen oder als Freiwilliger, was bei dem Alter durchaus nahe
liegt, wissen wir nicht. Auf jeden Fall legte er während des Militärdienstes,
der bis Januar 1919 währte, das Abitur als „Kriegsreife-“ oder „Notrei-
feprüfung“ – wahrscheinlich 1918 – erfolgreich ab; und zwar noch auf
französischem Boden, in dem Städtchen Fourmies, unweit der Grenze
zu Belgien, etwa 70 km südlich des belgischen Charleroi gelegen, wo
wahrscheinlich seine Einheit stationiert war. (10) Ob er noch in die bewaff-
neten Kämpfe in der Endphase des Krieges einbezogen war, ist unbe-
kannt.
Nach seiner Rückkehr nach Schlesien nach dem Waffenstillstand Ende
1918 ließ er sich, noch bevor er im Januar 1919 aus der Armee entlassen
wurde, an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Breslauer Univer-

 

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 6    Jahresbericht des Königlichen Katholischen Gymnasiums zu Oppeln über das Schuljahr
       1901/1902, Oppeln 1902, S. Iff.; Festschrift für die Wiedersehensfeier der ehem. Schüler
       des Staatl. Kath. Gymnasiums zu Oppeln, Oppeln 1930, S. 16ff.
 7    Auskunft von Johannes Jaschick, Juni 2001, nach Erzählungen seiner Mutter Stefanie
       Jaschick, geb. Scholl.
 8    Festschrift Gymnasium zu Oppeln (wie Anm. 6), S. 60.
 9    Im Abgangszeugnis Nr. 1176 von der Universität Breslau vom 02.06.1922, in: AUW/UW
       1811–1945, TK 156, heißt es: „zu den akademischen Studien auf dem Gymnasium Fran-
       kenstein vorbereitet“ und „aufgrund des durch die Kriegsreifeprüfung in Fourmies erhalte-
       nen Zeugnisses der Reife am 30.12.1918 bei uns immatrikuliert.“ Über das Frankensteiner
       Gymnasium war nur zu finden: Die Geschichte des Progymnasiums und der vorhergehen-
       den höheren Schuleinrichtungen zu Frankenstein i. Schl. Vom Direktor Dr. Otto Seidel.
       Wissenschaftliche Beilage zum Jahresbericht des städtischen katholischen Progymnasiums
       zu Frankenstein i. Schl., Frankenstein 1904, mit Verzeichnis der Abiturienten bis zum
       Erscheinungsjahr.

10   Abgangszeugnis Nr. 1176 vom 02.06.1922; siehe auch: Matrikel Nr. 25 der Universität
       Breslau vom 30.12.1918, AUW/UW 1811–1945, TK 84 und Urteil des II. Sondergerichts,
       Bl. 184. Dort heißt es: „Während der Militärzeit machte er das Abitur.“

 

 

 

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sität immatrikulieren. Die Inskription erfolgte am 30. Dezember 1918. (11)
Offenbar stand sein Berufswunsch, Priester zu werden, seit langem fest.
Die Erfahrungen im Krieg werden ihn darin sicher noch bestärkt haben.
Da in den Personalverzeichnissen niemals eine Breslauer Wohnadresse
angegeben ist, kann angenommen werden, dass er während des ganzen
Studiums bei seinem Eltern in Oppeln wohnte und täglich zum Studium
nach Breslau fuhr.
Die Katholisch-Theologische Fakultät war in Breslau bereits 1702 mit
der Jesuiten-Universität, der Leopoldina, gegründet und nach der Grün-
dung der preußischen Universität Breslau 1811, in die die alte Frank-
furter Viadrina einging, fortgeführt worden, zu der sich nun aber auch
eine Evangelisch-Theologische Fakultät hinzugesellte. (12) Die katholische
Fakultät verfügte seit der Jahrhundertwende über zehn Ordinarien und
zwei außerordentliche Professuren, die alle wesentlichen theologischen
Disziplinen, von der alt- und neutestamentlichen Exegese über Kirchen-
geschichte, Apologetik, Dogmatik, Moral und Pastoral bis zum Kirchen-
recht vertraten. In den ersten beiden Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts
hatte auch in Breslau die auf der Tradition aufbauende neuscholastische
Richtung an der Fakultät die führende Position erobert. (13) Unter entschlos-
sener Ablehnung einer Anlehnung an die philosophischen Strömungen
von Kant bis Schelling wurde ein Rückgriff auf die thomistische Philo-
sophie des Mittelalters vorgenommen und so eine einheitliche philoso-
phische Grundlage mit einer einheitlichen Terminologie gewonnen. Vor
allem Clemens Baeumker machte sich in Breslau um die Durchsetzung
einer „historischen Theologie auf neoscholastischer Grundlage“ verdient
und begründete mit seiner Schule eine Vorrangstellung der deutschen Wis-
senschaft auf dem Gebiet der mittelalterlichen Philosophie und Theolo-
gie. Zugleich errang die Geschichtsforschung durch den Kirchenhistoriker


 

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11   AUW/UW 1811–1945, TK 84; auch: Personal-Verzeichnis der Schlesischen Friedrich-
       Wilhelms-Universität zu Breslau, WS 1919/20 sowie SS 1920, SS 1921 und WS 1921/22:
      „Immatrikuliert: Michaelis 1918, katholische Theologie, Zeugnis der Reife von einem
       Gymnasium, Wohnort: Oppeln.“ In sämtlichen Personalverzeichnissen fehlt eine Breslauer
       Wohnanschrift.
12  Zur Geschichte der Fakultät vgl. Johannes Nikel, Die katholisch-theologische Fakultät,
       in: Georg Kaufmann, Festschrift zur Feier des hundertjährigen Bestehens der Universität
       Breslau, Zweiter Teil, Breslau 1911, S. 97ff.; Erich Kleineidam, Die katholische Fakultät
       der Universität Breslau 1811–1945, Köln 1961.
13  Zum folgenden vor allem Kleineidam, S. 82–102.

 

 

 

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Max Sdralek, der eine kirchengeschichtliche Schule begründete, in Breslau
eine führende Rolle. (14) „Die katholisch-theologische Fakultät der Univer-
sität Breslau ist an der Wende zum 20. Jahrhundert und in deren ersten
Jahrzehnten als innovativ anzusprechen hinsichtlich des Selbstverständnis-
ses wie der Methoden historischer Forschung, und zwar sowohl auf dem
Gebiet der Philosophie wie dem demjenigen der Kirchengeschichte.“ (15)
In der Universität gewann sie in diesen Jahrzehnten nicht zuletzt durch
zahlreiche bedeutende Veröffentlichungen auf verschiedenen Gebieten der
Theologie eine feste Stellung.
Als Martin Scholl 1919 sein Studium aufnahm, wurde in der katho-
lischen Theologie an der Breslauer Universität gerade ein Wandel einge-
leitet. Es vollzog sich eine gewisse Wachablösung, verbunden mit einer
bedeutenden Verjüngung der Fakultät. Die Begründer der Neuscholas-
tik wurden durch eine zweite Generation von Gelehrten ersetzt. „Die
Jahre 1920 bis 1924 bringen einen tiefgreifenden Wechsel im Leben der
Fakultät.“ (16) Doch hat der junge Theologiestudent Scholl noch einige der
alten Koryphäen in Vorlesungen erleben können. (17) So den Ordinarius
für Philosophie Matthias Baumgartner, der Baeumker gefolgt war und
bis 1923 las, den Neutestamentler und Gründer der „Biblischen Zeit-
schrift“ Joseph Sickenberger, der 1924 ausschied, und Johannes Nikel,
der die alttestamentliche Exegese vertrat und wie Sickenberger Philologie,
Archäologie und Religionswissenschaft glänzend beherrschte. Er starb als
Rektor im Juni 1924. Über Nikel und Sickenberger heißt es: „Ihr Interesse
galt aber so gut wie ausschließlich den literargeschichtlichen, chronologi-
schen, kulturgeschichtlichen Problemen, denen sich bald die religionsge-
schichtlichen hinzugesellten. Philologie, Archäologie, Religionsgeschichte
und Kulturgeschichte beherrschten ihre Wissenschaft; für unser heutiges
Empfinden ist eine wirklich theologische und religiöse Sicht sehr wenig
vorhanden. Die apologetische Note, die für die ganze Zeit charakteristisch

 

 

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14  Zu Baeumker und Sdrelak siehe auch Lydia Bendel-Maidl, Methodische Überlegungen zu
      einer Geschichte der Theologie (und) Philosophie an der Universität Breslau, in: Joachim
      Köhler, Rainer Bendel (Hg,), Geschichte des christlichen Lebens im schlesischen Raum
      (Religions- und Kulturgeschichte in Ostmittel- und Südosteuropa, hg. von Joachim Köhler
      und Rainer Bandel Bd. 1), Teilbd. 1, Münster 2002, S. 121ff.
15  Ebenda, S. 121.
16  Kleineidam, S. 9

17  Ebenda, S. 98f.

 

 

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ist, ist beherrschend.“ (18) Kirchengeschichte vertraten zu Martin Scholls
Studienzeit in der Nachfolge von Sdrelak seit 1915 Joseph Wittig, der
auch Patrologie und Kunstgeschichte las, aber 1925, weil indiziert, seine
Vorlesungen einstellen musste. Wittig, dessen Forschungsfeld die urchrist-
lichen Jahrhunderten waren, suchte „die Parteilichkeit der katholischen
Kirchengeschichte zu sprengen, indem er nicht nur die Vielgestaltigkeit
der Formen christlichen Lebens zu erschließen, sondern auch vergangene
„verdrängte und verlorene Möglichkeiten“ kirchlichen Lebens „als mögli-
che Impulse für die Gegenwart sichtbar zu machen sich bemühte. (19) Neben
Wittig las Franz Xaver Seppelt Kirchengeschichte des Mittelalters und der
Neuzeit sowie schlesische Kirchengeschichte. 1920 war Franz Schubert
aus dem Priesterseminar auf den Lehrstuhl für Pastoraltheologie berufen
worden. Exegese des Alten Testaments las von 1919 bis 1923 neben Nikel
auch Paul Heinisch. Kennen gelernt haben mag er auch Berthold Alta-
ner, der sich im Oktober 1919 für Mittlere und Neuere Kirchengeschichte
habilitierte, freilich erst 1925 Josef Wittig vertrat und 1933 wegen seiner
Aktivitäten in der Friedensliga deutsche Katholiken von des Nazis von
seinem Lehrstuhl vertrieben wurde. (20)
Die Breslauer katholische Fakultät bot in der ersten Hälfte der zwanzi-
ger Jahre den Studierenden für ihre theologische Ausbildung also vorzügli-
che wissenschaftliche Bedingungen. Das Vorlesungsverzeichnis dieser Jah-
re umfasste ein breite Themenpalette. (21) Nikel las Biblische Archäologie,
die Erklärung des Buches Job und gab eine Einleitung ins Alte Testa-
ment. Sickenberger befasste sich mit den synoptischen Evangelien, lie-
ferte Erklärungen der Petrusbriefe und der Abschiedsreden Jesu, führte
ins Neue Testament ein und untersuchte die Entstehungsgeschichte der
Evangelien. Seppelt beschäftigte sich mit der Kirchengeschichte des Mit-
telalters und der neueren Zeit sowie mit der Kirchengeschichte Schlesi-
ens im Mittelalter. Wittig hielt Vorlesungen über das christliche Altertum,
über die altchristliche Kultur und Kunst, über Leben und Schriften des
hl. Augustin und führte in die Patrologie ein. Heinisch gab die Geschichte

 


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18   Ebenda, S. 93.
19   Bendel-Maidl, S. 130.
20   Kleineidam, S. 115 und 125; zu Altaners späterer Haltung siehe auch: Günter J. Ziebertz,
        Kritisch, aber loyal. Die Stellung des schlesischen Patrologen Berthold Altaner zum Dogma
        der Aufnahme Marias in den Himmel, in: ASKG, 50, 1992, S. 153–167.
21   Zum Folgenden: Verzeichnis der Vorlesungen an der Schlesischen Fridrich Wilhelms-
        Universität zu Breslau für WS 1921/22; SS 1922; WS 1922/23.

 

 


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der alttestamentlichen Offenbarung und die Erklärung der Kleinen Pro-
pheten. Altaner bot Thomas von Aquin und die theologische Wissenschaft
seiner Zeit, die Mystik des christlichen Mittelalter und eine Dogmenge-
schichte des Mittelalters an. Gelesen wurde regelmäßig auf den Feldern
der Dogmatik, der Moral und Pastoraltheologie und des Kirchenrechts.
Im Theologischen Seminar lud Nikel zu Alttestamentlichen, Sickenber-
ger zu neutestamentlichen exegetischen Übungen ein, Wittig und Seppelt
bestritten kirchengeschichtliche, Schubert und Geyer katechetische und
dogmatische Übungen.
Bei wem Martin Scholl in den Jahren 1919 bis 1922 Vorlesungen
hörte, worauf er sich in seinen Studien konzentrierte, wissen wir indes
leider nicht. Denn Quellen zu seinem Studium wie Vorlesungsmitschrif-
ten oder Seminarausarbeitungen und Prüfungszeugnisse existieren nicht
mehr. Nach einem etwas verlängerten Triennium, das bislang jeder Theo-
logiestudent zu absolvieren hatte, also nach etwa drei Jahren oder sechs
Semestern, ließ sich Martin Scholl am 3. Juni 1922, also gegen Ende des
Sommersemesters 1922 exmatrikulieren. Leider gibt auch das überlie-
ferte Abgangszeugnis keine Auskunft, auf welchen theologischen Feldern
er insbesondere geackert hat. Unterschrieben von Johannes Nikel, dem
Alttestamentler und Verfasser der Fakultätsgeschichte von 1911, der zu
dieser Zeit Dekan war, weist es nur aus, dass er keine Stipendien bezo-
gen zu haben scheint, also allein die Eltern das Studium finanzierten. (22)
Auch scheint er sich ganz aufs Studieren konzentriert und ausgelasse-
nes Studentenleben weitgehend gemieden zu haben. Auf jeden Fall lautet
der „Vermerk über die Führung“, dass „nichts Nachteiliges“ zu erwähnen
sei, was bedeutete, dass er keinerlei Strafen erhalten hat, die man sich ja
rasch und leicht bei irgendwelchen harmlosen studentischen „Exzessen“
einhandeln konnte.
Schon 14 Tage vor der Exmatrikulation, am 15. Mai 1922 war Martin
Scholl ins Breslauer Alumnat des Priesterseminars eingetreten. (23) Auch
diese kirchliche Institution, in der die angehenden Priester sich nach dem
Universitätsstudium intensiv auf die Weihen vorbereiteten, hatte, als er

 

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22  Abgangszeugnis Nr. 1176 (wie Anm. 3).
23  Archiwum Archidiecezjalne Wrocław, AAW II c 3 a: Alumnen des Priesterseminars in
      Breslau 1886–1925, Nr. 4616: „Scholl, Martinus, geb. 29.12.1898 zu Kattowitz. Im Heer:
      Mai 1917–Januar 1919. Deutscher. Ingressus: 15.V.22.“ Für die Übermittlung einer Kopie
      danke ich Mag. Wacław Sobicinski, Wrocław.

 

 

 

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hier Aufnahme fand, bereits eine lange traditionsreiche Geschichte. (24) Das
schlesische Priesterseminar war 1565 im Zeitalter der Reformation und
Gegenreformation in Breslau gegründet worden, war dann für ein Drei-
viertel Jahrhundert in Neiße angesiedelt gewesen und, im 18. Jahrhundert
nach Breslau zurückgekehrt, mit einem neuen Alumnat versehen worden,
das im 19. Jahrhundert reformiert wurde.
Als Martin Scholl ins Alumnat eintrat, hatte es kurz zuvor wichtige
Neuerungen erlebt. Gemäß dem 1918 veröffentlichten neuen Kirchen-
recht, dem Codex Juris Canonici, waren im September 1919 die Satzungen
des „Klerikalseminars zu Breslau“ neu gefasst und der Alumnatskursus
auf zwei Jahre verlängert worden. Zugleich nahm sich Adolf Bertram, der
im Oktober 1914 in Breslau als Fürstbischof inthronisiert worden war,(25)
wie kein Bischof zuvor des jungen Priesternachwuchses im Alumnat an. (26)
Martin Scholl muss in den Konferenzen des Bischofs mit den Ordin-
anden, die dieser „Plauderstunden“ nannte, und in dessen regelmäßigen
privaten Zusammenkünften mit jedem einzelnen Alumnen seinen Ober-
hirten persönlich kennen und schätzen gelernt haben. Ansonsten aber
herrschte hier ein strenges Regime intensiven Arbeitens, wurden nahezu
alle theologischen Fächer gründlich durchgearbeitet; namentlich auf das
Studium des neuen Testaments und dessen praktische Nutzung wurde in
diesen Jahren großer Wert gelegt. Martin Scholls Alumnatszeit fiel in die
Jahre der galoppierenden Inflation, wodurch sich die leibliche Versorgung
der Alumnen, für die seit 1920 ein Kostgeld zu entrichten war, besonders
schwierig gestaltete.
Die nach dem Codex Juris Canonici von 1918 als obligatorisch fest-
gelegten sechs Jahre theologischen Studiums – vier Jahre Universitätsstu-
dium und zwei Jahre Alumnat – hat Martin Scholl freilich nicht absol-

 

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24   Hermann Hoffman, Die Geschichte des Breslauer Alumnats. Ein Beitrag zur Geschichte
       der Priesterbildung in Schlesien, Breslau 1935.
25   Zu Adolf Kardinal Bertram siehe: Werner Marschall, Adolf Kardinal Bertram (1859–1945),
       in: Schlesische Lebensbilder, Bd. 6, Sigmaringen 1990, S. 165ff.; Adolf Kardinal Bertram.
       Sein Leben und Wirken auf dem Hintergrund der Geschichte seiner Zeit. Teil 1: Beiträge,
       hg. von Bernhard Stasiewski; Teil 2: Schrifttum, zusammengestellt von Werner Luber
       und Hans-Ludwig Abmeier nach Vorarbeiten von Robert Samulski, hg. von Bernhard
       Stasiewski (Forschungen und Quellen zur Kirchen- und Kulturgeschichte Ostdeutschlands,
       Bd. 24/1 und 2), Köln–Weimar–Wien 1992–1994; sowie die kritische Literaturanalyse von
       Joachim Köhler, Das Bertram-Bild in der neuesten deutschsprachigen Forschung. Bericht
       und Einführung in die Thematik der Tagung, in: ASKG, 54, 1996, S. 9–53.
26  Hierzu und zum folgenden: Hoffmann, Breslauer Alumnat, S. 206–214.

 

 

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viert. Zu groß war nach dem ersten Weltkrieg offensichtlich der Bedarf an
Neupriestern, sodass der vorgegebene Zeitrahmen oft weit unterschritten
werden musste. Aber gewiss haben auch die unterschiedlichen Fähigkei-
ten wie das Engagement der einzelnen Alumnen dabei eine Rolle gespielt.
Martin war sicher ein fleißiger, zuverlässiger und gründlicher Ordinand.
Wie dem auch war. Schon nach 10 Monaten Alumnat wurde er, nachdem
er vorher auch nur gut drei Jahre an der Universität studiert hatte, also
nach insgesamt knapp vier Jahren Theologiestudiums, am 17. März 1923
mit 24 Jahren von Kardinal Bertram in der Kapelle des Fürstbischöflichen
Theologischen Konvikts zum Priester geweiht. (27) Seine frommen Eltern
haben die Weihe ihres einzigen Sohnes zum Priester, an der sie teilneh-
men durften, als „ein großes Geschenk, als Gnade Gottes angesehen“. (28)
Und sie waren stolz auf ihren einzigen Sohn.

 

                                                 *   *   *
 

Unmittelbar danach trat er seine Arbeit an. Am 10. Mai 1923 vermel-
deten die „Verordnungen des Fürstbischöflichen Ordinats“ Breslau, dass
der „Neupriester Martin Scholl“ aus Oppeln „als Kaplan in Tost“ ange-
stellt wurde. (29) Ob er sein Amt in dieser kleinen oberschlesischen Stadt,
südöstlich von Groß-Strehlitz gelegen, die zwei katholische Kirchen hatte,
überhaupt antrat, muss allerdings bezweifelt werden. Denn schon einen
Monat später, am 10 Juni 1923 meldete das Verordnungsblatt, dass Scholl
und zwar bereits am 5. Mai als Kaplan in Groß-Wartenberg eingesetzt wor-
den ist. (30) Groß-Wartenberg, eine Kreisstadt im Regierungsbezirk Breslau,
rund 50 km nordöstlich der schlesischen Hauptstadt unmittelbar an der
deutsch-polnischen Grenze gelegen, war zugleich katholisches Archipres-
byterat und verfügte über eine katholische Kirche. Martin Scholl ging hier
dem rund drei Jahrzehnte älteren Erzpriester Beda Hahn zur Hand. Drei

 

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27   Katholisches Sonntagsblatt der Diözese Breslau, Nr. 13, 01.04.1923, S. 102; Handbuch des
       Bistums Breslau 1925. Auskunft des Berliner Diözesanarchivs (Frau Christine Grünig)
       vom 12.02.2004.
28  Mitteilung von Johannes Jaschick, Juni 2001.
29  Verordnungen des Fürstbischöflichen Ordinariats in Breslau, Nr. 734, Breslau, den 10. Mai
       1923, S. 64. Kopien der Verordnungen und der entsprechenden Seiten aus dem Handbuch
       des Bistums bzw. Erzbistums Breslau verdanke ich wie manche andere Hinweise Mag.
       Wacław Sobocinski von der Universität Wrocław.
30  Verordnungen, Nr. 735, S. 72 und Handbuch des Bistums Breslau und seines Delegaturbe-
      zirks für das Jahr 1925, S. 47
.
 

 

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Jahre später wurde er am 11. März 1926 als Kaplan in die schlesische
Kreisstadt Wohlau versetzt, wo er zweieinhalb Jahre mit dem knapp zwei
Jahrzehnte älteren, 1907 zum Priester geweihten Pfarrer Johannes Kahl
zusammenarbeitete. (31) Im September 1928 rief man ihn in die schlesi-
sche Hauptstadt, wo er zunächst für ein halbes Jahr die Seelsorge „an
den städtischen Anstalten“ übernahm, (32) eine Angabe, die es leider nicht
erlaubt zu sagen, an welchen Institutionen der Stadt er Dienst tat. Anfang
März 1929 erfolgte schließlich die Berufung zum Ersten Kaplan an die in
der Breslauer Lehmgrubenstraße gelegene St. Heinrich-Kirche, (33) was für
seine inzwischen gesammelten Erfahrungen in der geistlichen Seelsorge
spricht und sicher – wie gewiss auch schon die Übertragung der Seelsor-
geaufgaben in den Breslauer städtischen Anstalten – einer Beförderung
gleichkam. In St. Heinrich arbeitete er unter der Leitung des altehrwürdi-
gen Geistlichen Rats und Ehrenerzpriesters Wilhelm Herrmann, der 1895
zum Priester geweiht worden war und seit 1919 der St. Heinrich-Kirch-
gemeinde vorstand; und er hatte noch zwei weitere jüngere und später
geweihte Kapläne zur Seite. Hier blieb er vier Jahre lang, zuletzt als Kura-
tus (34) , bis zu seiner Ernennung zum Pfarrer von Auras im März 1933.
Seine Amtszeit als Erster Kaplan auf St. Heinrich war die mit Abstand
längste Zeit, die Martin Scholl in seiner bisherigen praktischen Tätigkeit
als Priester an einem Ort verbrachte. Und es waren dies wohl auch die
Jahre, in denen er in besonderer Weise auf sein Amt als allein verantwort-
licher Pfarrer einer katholischen Kirchgemeinde vorbereitet wurde.
Über seine Arbeit als Kaplan und Seelsorger auf den vier recht ver-
schiedenen Stationen im schlesischen Bistum Breslau ist Konkretes leider
nicht überliefert. Die Quellen, die im Breslauer Diözesanarchiv sicher vor-
handen waren und darüber Auskunft hätten geben können, sind in den
letzten Kriegswochen im Jahre 1945 vernichtet worden. (35) Und persönli-
che Aufzeichnungen und Dokumente, die gewiss Martin Scholl bei sich

 

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31   Handbuch Bistum Breslau, 1927, S. 105.
32   Handbuch Bistum Breslau, 1929, S. 230.
33   Handbuch Bistum Breslau, 1930, S. 36; Norbert Tomczyk, Stulecie parafil sw. Henryka we
       Wrocławiu, Wrocław 1993, S. 105.
34   Katholisches Sonntagsblatt der Erzdiözese Breslau, Nr. 20, 14.05.1933.
35   Auskunft des Direktors des Archiwum Archidiecezajalne Wrocław Prälat Prof. Jozef Pater,
       übermittelt durch Mag. Wacław Sobocinski am 08.02.2002: „Es existieren überhaupt keine
       Akten mehr über die Priester des Bistums. Sie befanden sich sämtlich im Fürstbischöflichen
       Ordinariat und wurden gegen Kriegsende durch Brand gänzlich vernichtet.“

 

 

                                                     Martin Scholl (1898–1945)                                    Seite 115
 

aufbewahrt haben mochte, sind in den Kriegswirren des Jahres 1945 und
in der Folgezeit ebenfalls verloren gegangen. (36) Wir wissen also nicht, wor-
auf er sich in seiner Tätigkeit konzentrierte, was ihm besondere Freude,
was größere Schwierigkeiten bereitete, wo es ihm gut gefiel, welchen Ärger
er auch mal hatte; wir kennen nicht die Einschätzungen seiner unmittelba-
ren Vorgesetzten über sein Tun und Lassen, vermögen nicht zu sagen, wie
seine Kontakte zu den Gläubigen waren, wie seine Predigten aufgenommen
wurden, welchen Ruf er in den Gemeinden genoss, mit welchen Proble-
men er sich in seinem Priesteramt herumschlagen musste. Eins aber lässt
sich wohl mit Sicherheit sagen. Martin Scholl hat in diesem Jahrzehnt zwi-
schen seiner Priesterweihe und dem ersten Einsatz als Groß-Wartenberger
Kaplan und seiner Berufung zum Pfarrer von Auras wichtige Erfahrun-
gen gesammelt und sich in seinem geistlichen Beruf so bewährt, dass
ihm der Bischof 1933 das Amt eines Pfarrers anvertrauen konnte. Schon
seine Berufung zum Ersten Kaplan von St. Heinrich in Breslau war ja ein
deutlicher Vertrauensbeweis gewesen.

 

                                                *    *    *
 

Am 28. April 1933 trat Martin Scholl sein Amt als Pfarrer der katholischen
Kirchgemeinde von Auras an der Oder an. Er folgte dem 1906 geweih-
ten späteren Geistlichen Rat Karl Pastuszyk, der 1919 zum Pfarrer von
Auras berufen worden war und dem jetzt die Hirtensorge in der Pfarrei
Thomaskirch anvertraut wurde. (37) In Auras fand Martin Scholl nach dem
ständigen Wechsel der Arbeitsorte einen Ruhepunkt in seinem Berufsle-
ben. Damit begann eine nahezu zwölf Jahre währende, ebenso verant-
wortungsvolle und schwierige, wie sicher auch schöne und segensreiche
Tätigkeit. Auras war ein kleines Städtchen an der Oder, 1203 – wie der
einen Stier symbolisierende Amtsstempel des Bürgermeisters stolz aus-
wies – erstmals erwähnt und seit 1312 nachweislich mit dem Stadtrecht
versehen. (38) Das Landstädtchen, das in den 1930er Jahren etwa 1800 Ein-
wohner zählte, besaß ein in der zweiten Hälfte des 15 Jahrhunderts als

 

__________________

36   Leider verfügen auch Martin Scholls Verwandte, insbesondere die Familie Johannes
       Jaschick, über keinerlei Unterlagen zu seinem Lebensweg mehr.
37   Erinnerungsblatt an Karl Pastuszyk anlässlich seines Todes am 15. August 1966 in Neheim-
       Hüsten.
38   Einwohnerbuch des Kreises Wohlau von 1940; Franz Josef von Gilgenheimb, Kleine Chro-
       nik über Auras Kreis Wohlau; Stadt Auras, hg. von Pfarrer Hoppe, Wiesbaden 1950;
       Heinrich Bartsch, Die Städte Schlesiens, Frankfurt am Main 1983, S. 41f.; Handbuch der

 

 

Seite 116                                                 Walter Schmidt
 

Wasserburg in eigenartiger Dreiecksform angelegtes Schloss. Wirtschaft-
lich beherrschend war die Oderschifffahrt, von der zahlreiche Schiffseig-
ner und Strombauarbeiter sowie eine Schiffswerft lebten. Arbeit fanden
die Bewohner außer in mehreren Handwerken und in der Landwirtschaft
ferner in einer Kartoffelflockenfabrik und in einem Sägewerk.
Kirchenorganisatorisch gehörte Auras zum insgesamt elf Pfarreien um-
fassenden Archipresbyterat Trebnitz, einem Wallfahrtsort, wo die Hl. Hed-
wig, die Schutzheilige Schlesiens, ihre letzte Ruhestätte gefunden hatte.
Die katholische Kirchgemeinde Auras zählte 1934 bei einer Einwohner-
zahl des Städtchens von – wie erwähnt – knapp 1800, aber unter Ein-
schluss des Dorfes Liebenau, 994 Seelen, wozu noch 100 Seelen der von
Auras mitverwalteten Pfarrei Kottwitz kamen, für die Martin Scholl nun
auch die Verantwortung trug. Es war also eine zahlenmäßig recht starke
Gemeinde, die immerhin die knappe Hälfte der Auraser Einwohnerschaft
umfasste, der Martin Scholl nun vorstand. Zwar waren in Niederschle-
sien und auch im Archipresbyterat Trebnitz die Katholiken in der deut-
lichen Minderheit. Für Auras konnte jedoch von Diaspora nur bedingt
die Rede sein. Mittelpunkt der Gemeinde war eine relativ große Kir-
che mit einem recht prächtigen Hochaltar, die in der zweiten Hälfte des
18. Jh., also bereits unter preußischer Herrschaft, erbaut worden und dem
Hl. Michael geweiht war, der schon dem allerersten Kirchbau im 14. Jh.
seinen Namen gegeben hatte. Wenige Schritte von der Kirche entfernt
stand ein eindrucksvolles Pfarrhaus, in das Martin Scholl nun einzog.
Gegenüber der Kirche am Ring war das St. Hedwigsstift, eine katholische
Schwesternstation, in der anfangs vier, zuletzt zwei Borromäerinnen, die
Oberin Maxima und Schwester Annunciata arbeiteten. Sie hatten anfangs
auch einen Kindergarten betrieben, den ich einige Zeit besuchte, freilich
ohne mich recht wohl zu fühlen. Schwester Annunciata widmete sich bis
zuletzt der ambulanten Krankenpflege, die ich, als Junge häufiger von
Erkältungskrankheiten geplagt, wiederholt in Anspruch nahm. Bis zur
Abschaffung der Bekenntnisschulen durch die Nazis Anfang der vierziger
Jahre gab es an der Breslauer Straße eine recht stattliche katholische Volks-
schule, die von zwei Lehrern, dem 1. Lehrer Antonius Junk, der zugleich
das Amt des Kantors in der Kirche wahrnahm, und dem Lehrer Alfons
Kuschel betreut wurde. Mit beiden, besonders aber mit Kantor Junk, der

 

_____________

        historischen Stätten. Schlesien, Stuttgart 1977, S, 8; Paul Urbanski, Auras in Zahlen und
        Fakten, o. O., O.J.; Klaus Ullmann, Schlesien-Lexikon, Mannheim 1985, S. 24f.

 


                                                  Martin Scholl (1898–1945)                                           Seite 117
 

bei der Gestaltung der Gottesdienste eine wichtige Rolle spielte, pflegte
der Pfarrer verständlicherweise eine sehr enge, durchweg gute und ver-
trauensvolle Zusammenarbeit. (39) Außerdem existierte anfangs auch noch
ein katholisches Jugendheim, entstanden aus einem alten Gesindehaus,
das aber später verkauft wurde, (40) so dass ich daran keine Erinnerung
mehr habe.
Es mag Zufall gewesen sein, dass Martin Scholl gerade in dem Jahr
das Pfarramt in Auras übernahm, als die wohl finsterste Periode deutscher
Geschichte angebrochen war, die Herrschaft des Nationalsozialismus, die
zunächst der Mehrheit in Deutschland und sicher auch in seiner Gemeinde
keineswegs als Gefahr und als volksfeindliches Regime erschien und erst
in den letzten Jahren des 1939 von den deutschen Faschisten vom Zaune
gebrochenen Zweiten Weltkriegs von einer größeren Zahl von Menschen
als schrecklich und verderblich für unser Land erkannt wurde. Zwar schien
sich nach dem Abschluss des Konkordats zwischen dem Vatikan und dem
Deutschen Reich vom 20. Juli 1933, (41) in dem die Regierung „die Frei-
heit des Bekenntnisses und der öffentlichen Ausübung der katholischen
Religion“ zusagte, (42) der Vatikan die Bischöfe verpflichtete, der Regierung
den Treueid zu leisten, in dem sie versprachen, „die verfassungsmäßig
gebildete Regierung zu achten“ und vom Klerus achten zu lassen, (43) die
Situation der Kirche sogar zu verbessern, zumindest keinen wesentlichen
Beeinträchtigungen seitens des Staates ausgesetzt zu sein. Doch zeigte sich
sehr bald, dass man es mit einer dem freien kirchlichen Leben durchweg
feindlichen Macht zu tun hatte. Erste Konfrontationen mit dem Regime
setzten bereits 1934 ein (44) und verstärkten sich nach 1935 enorm. Martin
Scholl war in seiner Tätigkeit als Pfarrer damit konfrontiert und musste
sich damit auseinandersetzen.
Er selbst hatte schon von seiner Herkunft und Bildung her nicht das
geringste gemein mit denen, die am 30. Januar 1933 die Macht an sich

 

_______________

39  Auskunft von Hubertus Kuschel, dem Sohn des Lehrers Kuschel, Münster, vom
       28.07.2001.
40  Auskunft von Paul Urbanski, 17.01.2004.
41  Reichsgesetzblatt 1933, Teil II, S. 679–699; auch in: Hans Joachim Becker, Zur Rechtspro-
       blematik des Reichskonkordats, München 1956, S. 135–143.
42  Artikel 1; ebenda, S. 135.
43  Artikel 15; ebenda, S. 138.
44  Heike Kreutzer, Das Reichskirchenministerium im Gefüge der nationalsozialistischen Herr-
       schaft (Schriften des Bundesarchivs, 56), Düsseldorf 2000, S. 59ff.

 

Seite 118                                              Walter Schmidt
 

gerissen hatten und nun eine grausame Diktatur errichten und zielstrebig
einen neuen Krieg vorbereiteten. In den vorangegangenen Jahren der Wei-
marer Republik hatte sich Martin Scholl keineswegs allein auf seine geist-
liche Arbeit beschränkt, sondern auch ein politisches Bekenntnis abgelegt.
Er war bis 1928 mehrere Jahre Mitglied der Zentrumspartei, die vorrangig
Interessen des Katholizismus auf politischem Felde vertrat, (45) und offenbar
in ihr auch aktiv gewesen. (46) Danach hatte er sich jedoch politisch bewusst
zurückgezogen. Warum dies geschah, wissen wir nicht. Die Rechtsent-
wicklung des Zentrums seit 1928, als in der Wahl die Vertreter des von
der Christlichen Gewerkschaft und der Katholischen Arbeiterbewegung
gestellten linken Flügels unterlagen, hat er nicht mitgemacht. Vielleicht
war dies sogar ein Grund für seinen Austritt. Ob er sich in den Endjah-
ren der Weimarer Republik an der von Kardinal Bertram geförderten, auf
eine Entpolitisierung des deutschen Katholizismus und einen Rückzug auf
die religiöse Innerlichkeit zielenden Katholischen Aktion beteiligte, (47) ist
ebenso unbekannt wie seine Haltung gegenüber der inzwischen selbstbe-
wusster gewordenen laikalen katholischen Vereinsbewegung.
Der Kniefall des Zentrums vor der Nazipartei im Jahre 1933, der in
die Auflösung dieser wie aller anderen Weimarer Parteien mündete, war
auf jeden Fall seine Sache nicht mehr. Und er blieb sich nach 1933 in
dieser Beziehung treu, indem er sich nicht einfach nur an das im Reichs-
konkordat von 1933 fixierte Verbot der Mitgliedschaft von Geistlichen in
politischen Parteien bzw. einer Tätigkeit für solche hielt, (48) sondern von
nun an vor allem jederzeit auf strikte Distanz gegenüber den politischen
Bestrebungen der neuen Machthaber achtete, die zunehmend den Bewe-
gungsspielraum der Kirche einengten. Natürlich musste er hier und da

 

__________________

45   Zum Zentrum siehe: Herbert Gottwald/Günther Wirth, Zentrum 1870–1933. Deutsche
       Zentrumspartei; 1918/19 Christliche Volkspartei Zentrum in: Lexikon der Parteienge-
       schichte, hg. von Dieter Fricke u.a., Bd. 4, Leipzig 1986, S. 532–635; zur Weimarer Repu-
       blik, S. 594ff.
46  Urteil des II. Sondergerichts (wie Anm. 2), Bl. 184v.: „Der Angeklagte war bis 1928 in
       der Zentrums-Partei tätig. Anderen politischen Parteien und Organisationen hat er nicht
       angehört.“
47  Joachim Köhler, Adolf Kardinal Bertram als Promotor der Katholischen Aktion, in: Bern-
       hard Stasiewski, Adolf Kardinal Bertram. Sein Leben und Wirken auf dem Hintergrund
       der Geschichte seiner Zeit (Forschungen und Quellen zur Kirchen- und Kulturgeschichte
       Ostdeutschlands, Bd. 24/1), Köln–Weimar–Wien 2001, S. 99–117.
48  Das Reichskonkordat, Artikel 32, Becker, S. 141 (wie Anm. 40).

 

 

                                                Martin Scholl (1898–1945)                                             Seite 119

Kompromisse machen. Es ist nicht bekannt, wie er mit verschiedenen Stel-
lungnahmen einiger kirchlicher Gruppierungen, die sich den neuen Macht-
verhältnissen anzupassen suchten, aber auch des Episkopats namentlich
in den ersten Jahren nach 1933, namentlich mit dessen Erklärung vom
28. März 1933, einem „der verhängnisvollsten Dokumente kirchlicher
Zeitgeschichte“ (49) , zurecht kam, in dem nicht nur Wohlverhalten empfoh-
len, sondern „zur Treue gegenüber der rechtmäßigen Obrigkeit und zur
gewissenhaften Erfüllung staatsbürgerlicher Pflichten unter grundsätzli-
cher Ablehnung allen rechtswidrigen oder umstürzlerischen Verhaltens“
mahnte. (50) Auch fehlen Quellen darüber, wie Martin Scholl zum öffent-
lichen Schweigen des Episkopats gegenüber späteren Untaten der Nazis
und zu dessen lediglich diplomatischer, an der Basis kaum bekannter Ein-
gabepolitik stand. Aber man wusste in Auras, dass er alles andere als ein
Freund der Nazis war. Wer es wollte, konnte bei seiner eigenen Distanz zu
diesem System in Pfarrer Scholl immer Rückhalt finden. Die Kirche war
hier für manchen durchaus Zufluchtsort vor den Bedrängungen durch
die allgegenwärtige Politik. Für mich waren in den vierziger Jahren die
Maiandachten und andere kirchliche Veranstaltungen jedenfalls des öfte-
ren Entschuldigungsgründe für die Abwesenheit bei den „Diensten“ des
Jungvolks. Was Martin Scholl vor allem am Herzen lag und über allem

 

________________

49  Joachim Köhler, Wahrnehmung und Einschätzung der gesellschaftlichen und politischen
       Lage in nationalsozialistischer Zeit durch den Breslauer Erzbischof, Adolf Kardinal Bert-
       ram, in: Joachim Köhler, Rainer Brendel (Hg.), Geschichte des christlichen Lebens im
       schlesischen Raum, Münster 2002, S. 791.
50  Akten Deutscher Bischöfe über die Lage der Kirche 1922–1945, hg. von Bernhard Sta-
       siewski, Bd. 1 (Veröffentlichungen der Kommission für Zeitgeschichte, Reihe A: Quellen,
       Bd. 5), Mainz 1968, S. 30–32. Zur Haltung der Kirche zum Nationalsozialismus siehe Hans
       Müller, Katholische Kirche und Nationalsozialismus. Dokumente 1930–1935. Mit einer
       Einleitung von Kurt Sontheimer, München 1965; vor allem aber die umfassende kritische
       Literaturanalyse von Joachim Köhler, Das Bertrambild in der neuesten deutschsprachigen
       Forschung (wie Anm. 24); sowie ders., Kardinal Bertram (1859–1945). Sein Umgang mit
       dem totalitären System des Nationalsozialismus, in: Jürgen Karp und Joachim Köhler (Hg.),
       Katholische Kirche unter nationalsozialistischer und kommunistischer Diktatur.
Deutsch-
       land und Polen 1939–1989 (Forschungen und Quellen zur Kirchen- und Kulturgeschichte
       Ostdeutschlands, Bd. 32). Köln–Weimar–Wien 2001, S. 175–193 und ders, Wahrnehmung
       und Einschätzung der Lage in nationalsozialistischer Zeit (wie Anm. 48); S. 785–799. Zur
       opportunistischen Anpassungsbereitschaft von kleineren Gruppen von Katholiken und zur
       Rücknahme von Vorbehalten gegenüber dem Nationalsozialismus durch den Episkopat in
       den beiden ersten Jahren der Naziherrschaft siehe auch Heike Kreutzer, Das Reichskir-
       chenministerium, S. 54ff.
 

 

Seite 120                                               Walter Schmidt
 

stand, das war der Dienst am Glauben und an der Kirche, die Sorge für
die Gläubigen in seiner Gemeinde.
Auch über Martin Scholls Leben und Wirken in Auras existieren
infolge des Verlustes der Diözesanakten keinerlei Quellen. Bemühungen,
durch Befragung von Aurasern Material über seine Leistungen und Ver-
dienste als Seelenhirte und über seine Rolle in der Pfarrgemeinde wie
generell in der Stadt zu erhalten, waren, da leider erst in den letzten
Jahren angestellt, von äußerst geringem Erfolg. Denn die Gemeindemit-
glieder, die ihn in jener Zeit als Erwachsene erlebt hatten und sicher aus-
sagefähig waren, lebten nicht mehr. Und die aus der Generation, die heute
in den Siebzigern ist, die sich noch befragen ließen, waren damals durch-
weg noch Kinder, deren Erfahrungs- und Erinnerungshorizont für diese
Jahre verständlicherweise sehr beschränkt ist. Auf dieser überaus schma-
len Quellenbasis, (51) wozu auch eigene Erinnerungen gehören, lässt sich
nur ein ganz lückenhaftes, holzschnittartiges Bild zeichnen.
Pfarrer Scholl war ein Mann, der seine Aufgaben und Pflichten als
Priester mit eiserner Konsequenz erfüllte und in dieser Beziehung keine
Kompromisse duldete. „Amo ecclesiam“ war sein Lebensmotto, seit er
die Weihen erhalten hatte. Er liebte die Kirche und war dem Glauben
treu ergeben. Er verstand sich als Seelsorger und nahm diese Verant-
wortung entschieden wahr. Es verstand sich für ihn von selbst, dass er
streng alle Regeln einhielt, die der Beruf ihm auferlegte. In allen kirch-
lichen Dingen war seine Toleranz äußerst begrenzt. Seine Predigten, die
er mit lauter, in der Kirche leicht vernehmlicher, bisweilen „gewaltiger
Stimme“ hielt, forderten die Gläubigen zu Mitmenschlichkeit auf. Den
Besuch polnischer Zwangsarbeiter am Sonntagshochamt begrüßte er in
den Kriegszeiten ausdrücklich. Anderen nach dem Mund zu reden war
seine Sache nicht. Von seinen Ministranten, deren es immer 12 geben
sollte, wie einer von ihnen mitteilte, (52) wie Jesus Apostel gehabt hatte,
verlangte er absolute Zuverlässigkeit, Pünktlichkeit und Glaubenstreue.
Mit dem Schlag der Kirchenglocke wurde die Sakristeiglocke gezogen,

 

_______________

51  Auskünfte erhielt der Autor außer von Johannes Jaschick aus Bergisch-Gladbach, von
       folgenden Aurasern: Vera Brinkmann, geb. Reimann, verw. Stiller aus Walsrode; Cecilia
       Brüggemann, geb. Monert aus Oschersleben; Gertrud Grabasch aus Bamberg; Eberhard
       Halm aus Burg; Marianne Hoffmann, geb. Gimmel aus Lingen; Gerhard Kitschke aus
       Hohenstein-Ernstthal; Hubertus Kuschel aus Münster; Lucia Schulz, geb. Kitschke aus
       Voerde; Paul Stiller aus Dortmund; Paul Urbanski aus Bad Münder.
52  Gerhard Kitschke, Jg. 1934, Hohenstein-Ernstthal, 26.07.2001.

 

 

 

                                                                Martin Scholl (1898–1945                                   Seite 121

 

Martin Scholl (1896-1945)

Pfarrer in Auras
 

die den Gang des Priesters und seiner Messdiener zum Altar ankündigte.
Verletzungen des – heute aufgegebenen – strengen Nüchternheitsgebots
vor der Kommunion ahndete er, so er es bemerkte, wie sein Neffe zu
berichten weiß, (53) mit strenger Ermahnung und Buße. Zu großem Lob
bei erfüllten Pflichten war er nicht gerade aufgelegt. Aber er war jederzeit

___________

53  Johannes Jaschick, Jg. 1929, Bergisch-Gladbach, Juni 2001.

 

 

Seite 122                                                 Walter Schmidt

absolut gerecht, kannte keine Bevorzugungen. Wenn einer im Religions-
unterricht sein Pensum nicht gelernt hatte, konnte er sehr streng sein und
verzichtete dann durchaus auch nicht auf Strafe. Er war ein ernster, dem
Glauben treu dienender Mann, der freilich auch herzhaft lachen konnte.
Zwar wird in einigen Auskünften betont, dass in jenen Jahren der
Abstand zwischen dem Pfarrer und den Gemeindemitgliedern deutlicher
war als in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts, als sich die Geistlichen
„doch ganz anders artikulieren als früher; und viele Themen waren damals
tabu für die Geistlichkeit“. (54) Gleichwohl war Martin Scholl ein gerechter,
verständnisvoller, gütiger Seelsorger, ein „guter und korrekter Pfarrer“,
der seine herausgehobene Stellung als Gottesmann nie herausstrich und
keine Unterschiede zwischen den Gläubigen machte. (55) Die Schwester der
Borromäerin Annunciata schrieb über ihn: „Hw. Herr Pfarrer war ein
tief innerlicher heiligmäßiger Herr, der nur für Gott und seine Gemeinde
arbeitete und aufging.“ (56) Er hatte, so berichtet einer, der bis 1936 bei ihm
Ministrant war, „für alle ein offenes Ohr, auch andersgläubigen Einwoh-
nern gegenüber. Er war sehr freundlich und verbindlich. Pfarrer Scholl
war in der Gemeinde sehr beliebt, was ich als Messdiener bei Hochzeiten,
Taufen und Beerdigungen erleben konnte.“ (57) Aus meinen eigenen Erleb-
nissen als Ministrant vor allem bei den Einsegnungen der Häuser um das
Dreikönigsfest, dem Kollendegang, kann ich dies – wie auch die anderen
Aussagen der Messdiener – nur bestätigen. Die Einsegnungen waren jene
Ereignisse, bei denen Jahr für Jahr regelmäßig Begegnungen des Pfarrers
mit den einzelnen Familien stattfanden, die oft zu längeren Gesprächen
mit den Familienmitgliedern genutzt wurden. Bei uns Ministranten waren
sie nicht zuletzt deshalb beliebt, weil für uns – wie auch bei Hochzeiten
und Beerdigungen – zumeist etwas abfiel. Mit seinem evangelischen Amts-
bruder, Pastor Johannes Halm, mit dem er Distanz und Ablehnung den
Nationalsozialisten gegenüber teilte und der darum auch wiederholt kurz-
zeitig in „Schutzhaft“ genommen worden war, (58) stand Martin Scholl in

 

__________________

54  Marianne Hoffman, geb. Gimmel, Jg. 1927, Lingen, 02.07.2001.
55  Gertrud Grabasch, Jg. 1915, Bamberg, 10.07.2001.
56  Schw. M. Liliora Heckel an Stefanie Jaschick, Augsburg, 12.11.1947: Aus dem Privatbesitz
       von Johannes Jaschick.
57  Paul Stiller, Jg. 1922, Dortmund, 31.07.2001.
58  Eberhard Halm, Jg. 1930, Burg, 04.07. 2001.

 

 

                                              Martin Scholl (1898–1945)                                                              Seite 123

einem guten, freundlichen Verhältnis. Sie trafen sich oft bei Spaziergängen
mit ihren Hunden (59) zu offenen und vertraulichen Gesprächen.
Mit seinen Eltern und der Familie seiner Schwester Stefanie blieb Mar-
tin Scholl zeitlebens eng verbunden. Sein Vater war im Dezember 1931
in Oppeln gestorben, als er noch in Breslau als Kaplan bei St. Heinrich
wirkte. Seine Mutter verbrachte ihren Lebensabend bei ihrem Sohn. Sie
starb im Oktober 1934 im Auraser Pfarrhaus und wurde wie ihr Mann
auf dem Friedhof in Oppeln-Halbendorf beigesetzt. (60) Seine Schwester
wie deren Söhne in ihren Schulferien waren oft zu Besuch im Aura-
ser Pfarrhaus und fanden hier jederzeit gastliche Aufnahme. Der einzige
überlieferte Brief Martin Scholls galt einem großen Unglück der Fami-
lie Jaschick. (61) Im Mai 1939 war ihr letztgeborener Sohn Godehard mit
fünf Jahren an Diphtherie gestorben. Der Onkel trauerte mit der ganzen
Familie, konnte jedoch wegen Verpflichtungen nicht zur Beerdigung nach
Hindenburg kommen. Großen Trost sah er darin, „dass der Kleine noch
die Erstkommunion feiern konnte, sicher ein Geschenk des Himmels,
wenn man bedenkt, dass für gewöhnlich Kinder in diesem Alter nicht
zur hl. Kommunion gehen“. Und er verband seine tröstenden geistlichen
Worte mit Hinweisen auf strikte Einhaltung der Vorsichtsmaßregeln, um
weitere Ansteckungen zu verhindern: „Denn mit solchen ansteckenden
Krankheiten ist eben nicht zu spaßen. Wenn wir statt aller berechtigten
Trauer lieber vorbeugen würden, wäre weiser.“
Dass er sich um die jungen Gläubigen, die Kinder seiner Gemeinde,
besonders kümmerte, lag auf der Hand. Die meisten waren bei ihm im
Religionsunterricht, einige warb er als seine Ministranten. Öfter besuchte
er in den dreißiger Jahren, wie berichtet wird, die noch zugelassene katho-
lische „Jungmädchengruppe“ von Auras. (62) Ministranten wie überhaupt
Schulkinder abwechselnd zu sich zum Mittagessen einzuladen, (63)das seine
Wirtschafterin Frau Schiller bereitete, nachdem vorher seine Schwester
Stefanie den Haushalt geführt hatte, (64) war ihm eine Selbstverständlich-

 

_________________

59  Marianne Hoffmann, Lingen, 26.06.2001.
60  Bericht von Johannes Jaschick, 11.06.2001.
61  Martin Scholl an Familie Jaschick, Auras a./O. den 19.05.1939: Aus dem Privatbesitz von
      Johannes Jaschick.
62  Gertrud Grabasch, 10.07.2001.
63  Paul Stiller, Jg. 1922, Dortmund, 31.07.2001.
64  Marianne Hoffmann, 26.06.2001.

 

 

Seite 124                                           Walter Schmidt

keit. Mit den Ministranten unternahm er im Sommer nicht selten Radtou-
ren zu benachbarten Klöstern oder in nahe gelegene Städte. Die älteren
Gemeindemitglieder fanden in ihm immer eine zuverlässige Stütze. Den
ärmeren Gläubigen in seiner Gemeinde galt seine besondere Zuwendung.
Einer Familie mit 10 Kindern, bei der oft Schmalhans Küchenmeister war,
hat er häufig mit Lebensmitteln unter die Arme gegriffen. (65) Ihr stellte er
auch unentgeltlich brachliegendes Kirchenland zur landwirtschaftlichen
Nutzung zur Verfügung. Eine Tochter der Familie nahm er, nachdem sie
vorher schon zeitweise im Haushalt ausgeholfen hatte, von April 1938
bis April 1940 für zwei Jahre als Haushaltsgehilfin in sein Haus auf. (66)
Sie verließ das Pfarrhaus auf eigenen Wunsch, weil sie der Mutter, die
vor der Geburt ihres 10. Kindes stand, fortan helfen musste, und erhielt
von ihm eine lobendes Zeugnis, das ihr „regen Fleiß und Arbeitseifer,
große Gewissenhaftigkeit, Treue und vorbildliche Sauberkeit“ bestätigte.

*   *   *

Als unmittelbar vor Kriegsbeginn in Auras und so auch im Pfarrhaus
seit Mitte August 1939 zahlreich Militär einquartiert war, hatte Pfarrer
Scholl sicher guten Kontakt zu den anwesenden zur Wehrmacht eingezo-
genen katholischen Theologiestudenten bzw. jungen Geistlichen. Dass es
dabei zu Gesprächen über die Kriegsgefahr kam und ein Mann wie Mar-
tin Scholl, der – was viele wussten – den Nationalsozialismus rundweg
ablehnte, für den Frieden eintrat, darf angenommen werden. Aus dieser
Situation heraus entstand, als der Pfarrer im Mai 1941 von der Gestapo
verhaftet und ins Breslauer Untersuchungsgefängnis in der Graupenstraße
gebracht wurde, in der Stadt offenbar die weitverbreitete Auffassung, die
mir selbst zu Ohren kam und die auch mehrere heute Befragte noch
äußern, dass auf seiner Schreibmaschine Flugblätter gegen den Krieg ver-
fasst und verbreitet worden sein sollen. Ob etwas an diesem Gerücht dran
war, ist wohl eher unwahrscheinlich. Aber es spricht dafür, dass Pfarrer
Scholl als ein Mann des Friedens und Gegner der nationalsozialistischen
Kriegspolitik angesehen war.

 

_______________________

65  Gerhard Kitschke, 26.07.2001.
66  Zeugnis des katholischen Pfarrhauses, von Pfarrer Scholl für Luzie Kitschke, Auras,
       01.04.1940, zugesandt von Luzia Schulz, geb. Kitschke, Jg. 1923, Voerde, 29.06.2001.

 

 

                                                  Martin Scholl (1898–1945)                                       Seite 125
 

   Der Grund zu seiner Verhaftung knapp zwei Jahre später, am 19. Mai
1941 (67) war solch ein „Vergehen“ jedenfalls nicht. Es bestand vielmehr
darin, ihm bekannt gewordene regimefeindliche Texte verbreitet zu haben.
Es ging um zwei Manuskripte, die betitelt waren: „Die entscheidende
Stunde ist gekommen“ und „Wie das Schriftchen – Die entscheidende
Stunde ist gekommen – entstanden ist“. Ihr Verfasser war ein Theo-
logiestudent Johannes Cierpke. (68) Allerdings hatte Martin Scholl – und
darin besteht die Verbindung zu den Einquartierungen des Frühherbstes
1939 – diese beiden Texte im April 1941 von dem katholischen Geistlichen
und damaligen „Schützen“ Alois Stigler erhalten, der in Auras im Quar-
tier lag. (69) Wer die Sache der Gestapo angezeigt hat, bleibt im Dunkeln.
Darüber geben die Akten keine Auskunft.
Bei den beiden Schriften handelte es sich um religiöse Weissagungen
über die Zukunft des katholischen Glaubens, die der Autor aus seinen
Träumen ableitete. Danach würde sich der Katholizismus erst nach Sie-
gen der Gottlosen, derer sich Gott bediene, wieder vollständig durchset-
zen. Anstoß erregte bei den Nazis vor allem, und das wurde von der
Justiz als strafwürdig erachtet, dass darin die Nationalsozialisten faktisch
zu den Gottlosen gezählt wurden, die derzeit zwar ihre Herrschaft über
die Welt ausdehnten, aber letztendlich zum Untergang verurteilt seien.
So hieß es in der Urteilsbegründung: „Der Inhalt der Schriften ist im
wesentlichen religiös, doch enthalten sie auch zahlreiche gehässige und
hetzerische Äußerungen gegen die nationalsozialistische Staatsführung. In
der Hauptschrift wird ausgeführt, dass Gott Richter der Menschen und
Völker sei. Er richte die Völker nach ihrer Haltung der gottgewollten Reli-
gion gegenüber. Wenn über ein Volk Unglück komme, dann entweder,
weil die Unzucht und Unkeuschheit ein zu großes Ausmaß angenom-
men habe, oder, weil ein zu großer Teil von der gottgewollten Religion
abgefallen sei. Die Bestrafung erfolge oft, indem Gott es zulasse, dass ein
glaubensloseres Volk siege. Vor der Entscheidung siegen die Gottlosen,
deren sich Gott bedient, um die Halbchristen zu schlagen. In der Ent-
scheidung siegen die Guten: Wenn die Gottlosen glauben, alles erreicht zu

 

__________________

67  Kurt Engelbert, Schlesische Priester im Dritten Reich. Nach Aufzeichnungen des Kapitu-
       larvikars Bischof Dr. Piontek, in: ASKG, 23, 1965, S. 228, Nr. 17.
68  Zum folgenden siehe: Urteil des II. Sondergerichts beim Landgericht Breslau vom 1. Juni
       1942 (wie Anm. 2), Bl. 184–190.
69   Ebenda, Bl. 188v.

 

 

Seite 126                                             Walter Schmidt
 

haben, kommt das Strafgericht über sie.“ (70) Gegen den Autor, der einfach
für geisteskrank erklärt wurde, ordnete die 3. Strafkammer des Breslauer
Landgerichts in ihrem Urteil gegen ihn vom 10. April 1942 Unterbringung
in einer Heil- und Pflegeanstalt an. (71) Was aus ihm wurde, ob er eventuell
als „lebensunwert“ später ermordet wurde, ist nicht bekannt. Wie verwor-
ren die Aussagen in dem Papier Cierpkes auch gewesen sein mögen, sie
waren getragen von der Sorge um das Schicksal des Katholizismus und
sie widersprachen ohne Frage entschieden dem offiziellen Konzept der
Kirchenführung, das jedweden Bruch mit der Obrigkeit verwarf. (72)
Martin Scholl wurde zur Last gelegt, die beiden Schriften nicht nur
gelesen und dabei keine empörende Ablehnung empfunden und geäußert,
sondern sie im Gegenteil dem mit ihm befreundeten Pfarrer von Schebitz
Oskar Bänsch weitergereicht zu haben. Pfarrer Bänsch hatte sie dann sei-
ner Schwester Helene Bänsch, der Ursulinerin Tarsitia in Oberweistritz,
Kreis Schweidnitz zum Lesen gegeben; und sie hatte davon auszugsweise
zwei Abschriften angefertigt. (73) Der Prozess vom 1. Juni 1942 richtete
sich gegen alle drei, die auch sämtlich im Mai 1941 inhaftiert worden
waren. Zwar waren Martin Scholl Bedenken gekommen, dass der Inhalt
der Papiere für den Verfasser gefährlich sei, er hatte sich aber dazu, wie
Pfarrer Bänsch im Verhör angab, nicht ablehnend verhalten. Alle Ange-
klagten verteidigten sich dahin, nur die religiösen Aspekte, nicht aber die
politische Tendenz der Schriften erkannt zu haben, was das Gericht indes
nicht glaubte. Es hielt vielmehr dagegen, dass „in das religiöse Mäntelchen
gehüllt ... dem Leser dann aber Dinge rein politischer Natur vorgesetzt
werden, die im Verfahren gegen Cierpke als hochverräterisch bezeichnet“
wurden. (74) Und alle wären sich durchaus darüber klar gewesen, „dass der
Inhalt staatsfeindlich war“. (75)
Aus diesem Grunde hätten sich die drei Angeklagten des Vergehens
gegen § 2, Abs. 1, 2, 3 des Heimtückegesetzes vom 20. Dezember 1934

 

_________________

70  Ebenda, Bl. 185.
71  Ebenda.
72  Vgl. dazu Köhler, Wahrnehmung und Einschätzung der Lage in nationalsozialistischer Zeit
       durch Adolf Kardinal Bertram (wie Anm. 48), S. 789f. über die Loyalitätserklärung Adolf
       Kardinal Bertrams nach dem Attentat auf Hitler vom 20 Juli 1944 von Oktober 1944.
73  Urteil des II. Sondergerichts, Bl. 188v. Vermerkt wurde Prozess und Urteil bereits von
       Engelbert, Schlesische Priester, S. 233f.
74  Urteil des II. Sondergerichts, Bl. 188v–189.
75  Ebenda, Bl. 189.

 

 

                                                    Martin Scholl (1898–1945)                                      Seite 127
 

schuldig gemacht. (76) „Die Schriften“, so meinte das Gericht, „enthalten
gehässige, hetzerische und von niedriger Gesinnung zeugende böswil-
lige Äußerungen über leitende Persönlichkeiten des Staates und über
Einrichtungen der NSDAP. Die Nationalsozialisten werden als gottlos,
ihre Führung als Luzifer bezeichnet. Ihnen wird Raub, Plünderung und
Verwüstung des Weinbergs des Herrn nachgesagt, die nationalsozialis-
tische Weltanschauung wird als Irrlehre bezeichnet, die SS wird den
Rot-Milizen in Spanien gleichgestellt.“ (77) Als strafverschärfend meinte das
Gericht feststellen zu müssen, dass diese Aussagen während der Kriegs-
zeit eine außerordentliche Gefahr bedeuten, zumal sie in einem religiösen
Gewand gerade auf gläubige Katholiken wirken. (78) Ungeachtet bisheri-
ger Unbescholtenheit glaubte das Gericht ihnen nicht, „dass sie nicht aus
ausgesprochen staatsfeindlicher Gesinnung tätig geworden sind.“ (79)
Oskar Bänsch (80) wurde zu zwei Jahren, Martin Scholl zu einen Jahr
und drei Monaten und Helene Bänsch (81) zu einem Jahr und einen Monat

 

__________________

76  Die entsprechenden Passagen des § 2 Abs. 1 und 2 des „Gesetzes zur Abwehr heimtücki-
       scher Angriffe auf Staat und Partei und zum Schutze der Parteiuniformen“ vom 20.12.1934
       lauteten: „(1) Wer öffentlich gehässige, hetzerische oder von niedriger Gesinnung zeugende
       Äußerungen über leitende Persönlichkeiten des Staates oder der NSDAP, über ihre Anord-
       nungen oder von ihnen geschaffene Einrichtungen macht, die geeignet sind, das Vertrauen
       des Volkes zur politischen Führung zu untergraben, wird mit Gefängnis bestraft. (2) Den
       öffentlichen Äußerungen stehen nichtöffentliche böswillige Äußerungen gleich, wenn der
       Täter damit rechnet oder damit rechnen muss, dass die Äußerung in die Öffentlichkeit
       dringen werde ...“ Vgl. Walter Wagner, Der Volksgerichtshof im nationalsozialistischen
       Staat (Quellen und Darstellungen zur Zeitgeschichte, Bd. 16/III „Die deutsche Justiz und
       der Nationalsozialismus“) Stuttgart 1974, S. 278, FN 7.
77  Urteil des II. Sondergerichts, Bl. 189–189v.
78  Ebenda, Bl. 190.
79  Ebenda, Bl. 188v.
80  Oskar Bänsch wurde nach Absitzen der zwei Jahre im Strafgefängnis Görlitz, wo er in der
       Bücherei arbeitete, nicht frei gelassen, sondern zur so genannten Schutzhaft nach Dachau
       gebracht, wo ihn die amerikanischen Truppen im April 1945 befreiten. Vgl. dazu: BArch
       Berlin, R 5101 Nr. 22249, Bl. 225ff. sowie Engelbert, Schlesische Priester, S. 234 und 235f.
81  Helene Bänsch, die nach dem Prozess hätte sofort freigelassen werden müssen, da mit
       der Untersuchungshaft die Strafe bereits abgebüßt war, kam ebenfalls nicht frei, sondern
       wurde zur „Schutzhaft“ nach Ravensbrück verbracht. Gesuche der Schwestern Hedwig und
       Margarete Bänsch an den Reichsminister für kirchliche Angelegenheiten vom 01.12.1943
       und 02.02.1944 wurden zurückgewiesen. Das Sicherheitshauptamt in der Berliner Prinz-
       Albrecht-Straße lehnte aus „sicherheitspolitischen Gründen“ eine Freilassung ab; beide
       böten noch nicht die Gewähr, „dass sie die im 5. Kriegsjahr für alle Volksgenossen selbst-
       verständlichen Pflichten erfüllen und zu Beanstandungen keinen Anlass mehr geben wer-
       den.“ Ebenda, Bl. 223–228; ferner: Engelbert, Schlesische Priester, S. 234.

 

 

Seite 128                                           Walter Schmidt

Gefängnis verurteilt. Allen wurde wegen ihrer Geständnisse die Untersu-
chungshaft auf die Strafe angerechnet. (82) Das war verglichen mit bereits
ein Jahr später gefällten Urteilen ein mildes Strafmaß. Im Mai 1942 befand
sich das nationalsozialistische Regime trotz der ersten ernüchternden Nie-
derlage der Wehrmacht vor Moskau immer noch auf der Siegesstraße. Erst
mit Stalingrad veränderte sich auch die innenpolitische Situation und fie-
len solche „Straftaten“ zumeist unter „Wehrkraftzersetzung“, wofür meist
die Todesstrafe drohte. Um im Prozess nicht auf einen Pflichtverteidiger
angewiesen zu sein, hatte sich Martin Scholls Schwester um einen Wahl-
verteidiger bemüht. Sie fand dabei keine Unterstützung beim Breslauer
Generalvikariat. Hingegen setzte sich mit großem Engagement das Mit-
glied der Auraser Gemeinde Baron Hans Georg von Gilgenheimb dafür
ein. (83) Ein Gnadengesuch seiner Schwester nach dem Urteil blieb unbe-
antwortet.
Martin Scholl saß die ihm nach der anerkannten Untersuchungshaft
noch verbliebenen drei Monate wahrscheinlich in Breslau ab. (84) Dort
jedenfalls wurde er am 18. August 1942 entlassen. (85) Es ist aber nicht
ausgeschlossen, dass er, wie er selbst – einer Aussage gemäß (86) – später
geäußert haben soll, kurzzeitig in einem Arbeitslager in Glatz war, wo er
schwere Arbeit verrichten musste. Ihn nahm man nicht in die berüchtigte
„Schutzhaft“, die Oskar Bänsch und seine Schwester Helene traf. Frei-
gelassen rief er von Breslau aus sofort seine Verwandten in Hindenburg
an, die umgehend nach Breslau fuhren, um sich um ihn zu kümmern. (87)
Sie trafen auf einen blassen, fürchterlich abgemagerten Mann, was durch-


_________________

82  Urteil des II. Sondergerichts (wie Anm. 2), Bl. 190v.
83  Auskunft von Johannes Jaschick vom 31.01.2005.
84  Eine Zusammenstellung des Reichskirchenministeriums über Maßnahmen gegen Geistli-
       che für 1940 bis 1942 weist aus, dass die Verurteilungen von katholischen Geistlichen von
       147 auf 261 anstiegen, ebenso die „Strafanzeigen“ von 336 auf 453 und die Verwarnungen
       sogar von 403 auf 674, während die Schutzhaftfälle etwa gleich blieben (289 zu 279). Die
       evangelischen Geistlichen traf es in dieser Zeit wesentlich weniger. Siehe BArch Berlin, R.
       21827: Beschwerden über Dienst- u.a. Vergehen sowie über das politische Verhalten der
       katholischen Geistlichen und Kirchenbeamten im allgemeinen. Januar 1941–1945, Bl. 19
       und 57ff. Zum Reichsministerium für kirchliche Angelegenheiten vgl. Heike Kreutzer, Das
       Reichskirchenministerium (wie Anm. 43).
85  Engelbert, Schlesische Priester, S. 234.
86   Gerhard Kitschke, 24.09.2001.
87  Johannes Jaschick in: Wohlau-Steinauer Heimatblatt, Nr. 7, Juli 2000, mit falscher, später
       korrigierter Zeitangabe.

 

 

                                                  Martin Scholl (1898–1945)                                         Seite 129
 

aus für einen davor liegenden Einsatz im Glatzer Arbeitslager sprechen
könnte.
Nach seiner Entlassung verblieb Martin Scholl zunächst einige Zeit
im Pfarrhaus der Breslauer St. Heinrich-Gemeinde, (88) nahm aber schon
kurz darauf seine Arbeit in der Auraser Pfarrei wieder auf. Das Reichs-
kirchenministerium begleitete seine Entlassung damit, die bisher gezahlte
staatliche Pfarrbesoldungsbeihilfe, die monatlich 75 Reichsmark betrug,
ab 1. Oktober 1942 zu sperren. (89) Die Gemeinde nahm ihn wie selbst-
verständlich mit verhaltener Freude auf. Während seiner Haftzeit hatte ihn
Joachim Schlegel, 1906 geboren und 1933 zum Priester geweiht, seit 1935
1. Kaplan in Trebnitz, seit 24. Juli 1941 als Pfarr-Vikar vertreten. (90) Als
etwas jüngerer und auch weltoffenerer Geistlicher kam er bei den jungen
Leuten recht gut an; (91) weniger indes bei den älteren Gläubigen. Gespro-
chen hat Martin Scholl über seine Haft und die Gründe dafür natürlich
nicht. Und es versteht sich, dass er sich nach den Erfahrungen von Verfol-
gung und Inhaftierung politisch eher noch zurückhaltender verhielt. (92) An
seiner strikten Ablehnung der nationalsozialistischen Herrschaft änderte
sich indes nichts. Meine eigenen und meiner Mutter Kontakte zu ihm
beruhten nicht zuletzt gerade auf dem Wissen darum. Und er scheute
sich auch nicht, mich auch nach dem Todesurteil gegen meinen Vater im
Oktober 1943 nachhaltig zu unterstützen.

 

                                             *   *   *

Martin Scholls Einstellung gegen das Naziregime war mit Sicherheit ein
Grund, dass er im Januar 1945, als die Rote Armee das rechte Oderufer
aufrollte und auf Auras zurückte, die Stadt nicht, wie die Mehrheit ihrer
Bewohner, verließ. Er sah für sich offensichtlich keinen Grund, mit der
Naziherrschaft mitzuflüchten. Vor allem aber sah er sich in der Pflicht, sein
Hirtenamt wahrzunehmen. Da noch ein, wenn auch kleiner Teil seiner
Gemeinde, vor allem mehrere Alte und Gebrechliche, die sich nicht auf
die Flucht begeben konnten, in der Stadt waren, war sein Platz bei ihnen.
Sie wollte er nicht allein lassen. Im Zentrum des Städtchens um den so

______________

88  Auskunft von Johannes Jaschick, 31.01.2005.
89  BArch Berlin R. 5101 Nr. 22249, Bl. 183.
90  Handbuch Erzbistum Breslau 1940, S. 75 und 1942, S. 96.
91  Marianne Hoffmann, 02.07.2001.
92  Gertrud Grabasch, 10.07.2001.: „Nach dieser Zeit war er distanzierter.“

 

 

Seite 130                                           Walter Schmidt

genannten Ring herum blieben mit ihm auch die beiden Borromäerinnen,
Oberin Maxima und Schwester Annunciata, deren Mutterhaus sich im
noch weiter östlich gelegenen Trebnitz befand, das bereits in russischer
Hand war. (93)
Dass er – wie Mutter und ich – nicht auf die Flucht in den bitterkalten
Winter zu gehen beabsichtigte, ließ er mich bei unserer letzten Begegnung
um den 20. Januar 1945 herum wissen. Schon beim Kollendegang in Lie-
benau und Hennigsdorf, bei dem ich ihn Tage zuvor begleitet hatte, spürten
wir im – noch fernen – Geschützdonner die herannahende Kriegsfurie,
die über uns hinweg rollen würde. Aber erst bei der letzten Zusammen-
kunft, bei der ich ihm sagte, dass wir uns in den äußersten Zipfel der
Siedlung unweit von Liebenau zu einem politisch mit uns sympathisieren-
den älteren Ehepaar begeben würden, sprach er mit mir darüber, dass sich
nach dem Einmarsch der Roten Armee die gesamte Situation grundlegend
verändern würde, was ja unseren eigenen Überlegungen entsprach.
Die im Ort und dessen Umgebung eingesetzten SS-Einheiten übten
in diesen Tagen starken Druck auf die noch in der Stadt Verbliebenen
aus. Sie drohten, all jene zu erschießen, die nicht über die Oder gingen. (94)
Dass es dazu mehrfach gekommen ist und Einwohner unter Kugeln der
SS starben, ist nicht ausgeschlossen. Zwei Fälle zumindest sind bekannt
geworden. (95) Das Stadtzentrum verlassen, das, da nahe an der Oder gele-
gen, am ehesten Kampfgebiet zu werden drohte, wollte Martin Scholl
jedenfalls nicht. Er hatte zweimal die Gelegenheit, mit dem Auto aus
dem künftig zu erwartenden Kampfgebiet zu fahren. Er lehnte es mit der
Begründung ab: „Ich bleibe bei der Kirche und den restlichen Gläubi-
gen.“ (96) Einigen Familien, die kurz vor Eintreffen der Roten Armee Auras
doch noch in Richtung Jäkel verließen und ihn baten, doch mit ihnen
zu ziehen, begründete er sein Bleiben mit den Worten: „Die Russen sind
auch nur Menschen“, wünschte ihnen alles Gute und segnete sie. (97)


___________________

93  Handbuch Erzbistum Breslau 1942, S. 97; zu Trebnitz im Jahre 1945 siehe Antoni Kielbasa,
      Apokalyptische Zeiten. Stadt und Kloster Trebnitz im Zusammenbruch und Neubeginn
       des Jahres 1945, in: ASKG; Bd. 50, S. 87–119.
94  Auskunft von Paul Urbanski, Jg. 1930, Juni 2001 sowie von Cecilia Brüggemann, geb.
       Monert, Jg. 1930, Januar 2005, aufgrund von Aussagen ihres Großvaters Heinze.
95  Die Mühleneigentümerin Frau Auguste Miersbe in der Mühlenstraße soll von der SS
       erschossen worden sein. So Marianne Gimmel, 02.07.2001.
96  Abschrift eines Briefes von Stefanie Jaschick, ohne Datum, wahrscheinlich 1948.
97  Luzia Schulz, geb. Kitschke, aus Voerde, 29.06.2001.

 

 

                                               Martin Scholl (1898–1945)                                   Seite 131

Wie die Ereignisse Ende Januar 1945 im Stadtzentrum abliefen, ist
nicht mehr zu rekonstruieren. Es gibt niemand, der darüber klare Auskunft
geben könnte. Alle, die im Stadtzentrum verblieben, haben offensichtlich
ihr Leben verloren. Wie viele es waren, ist unbekannt. Wahrscheinlich
erfolgte die Eroberung der Innenstadt bereits am 27. oder 28. Januar 1945,
während unsere weit abliegenden Siedlungshäuser erst am Morgen des
29. Januar zum ersten Mal von sowjetischen Soldaten mit den bekannten
Begleiterscheinungen aufgesucht wurden. Als wir bereits zwei Tage davor
die brennenden Kirchtürme sahen, meinten wir jedenfalls, dass sie noch
von den Deutschen selbst in Brand gesteckt worden sind, um Artilleriebe-
obachtungsstellen zu vernichten. Davon waren wir um so mehr überzeugt,
als noch am späten Abend des 28. Januar ein keineswegs aggressiver, son-
dern recht verträglicher Waffen-SS-Mann uns im Haus aufsuchte und
Mutter mit dem Argument, es würde uns bei den Russen sehr schlecht
ergehen, dringend ans Herz legte, mit mir über die Oder zu flüchten, was
wir aber ablehnten. Dass zu diesem Zeitpunkt das Stadtzentrum schon
in sowjetischer Hand war, hielten wir eigentlich für ausgeschlossen; doch
war das durchaus möglich. Wenn dem aber so war, dann war eine Flucht
über den Fluss ohnehin schon aussichtslos. Es gibt Aussagen darüber,
dass nach dem Einmarsch der sowjetischen Truppen zumindest Teile des
Orts nochmals kurzfristig von der SS zurückerobert wurden. Dabei schos-
sen die SS-Männer sowjetische Soldaten wie deutsche Zivilisten, die die
sowjetischen Soldaten bewirtet hatten, rücksichtslos nieder. (98) Es liegt auf
der Hand, dass solche Erlebnisse den Hass der diese Ortsteile dann wieder
erobernden sowjetischen Einheiten noch enorm gesteigert haben.
Auch wenn Mordtaten der SS gegenüber den eigenen Landsleuten
nicht ausgeschlossen werden können, so liegt es angesichts der nachgewie-
senen grauenhaften Taten sowjetischer Militärs bei der Eroberung anderer
Ortschaften nahe, dass auch die meisten zurückgebliebenen Bewohner
des Auraser Stadtzentrums deren Opfer wurden. Diese Soldaten, die nie
in ihrem Leben als Eroberer in deutschen Städte und Dörfer kommen
wollten, kamen hierher, um die faschistische Bestie, die über ihr Land wie
über andere Völker millionenfach Tod und Verderben gebracht hatten,
endlich zu vernichten. Durch den jahrelangen Krieg verroht, nach dem
__________

98  Bericht der Tochter des Fährmanns Walter an Martha Schreiber, geb. Heinze von Novem-
       ber 1981, übermittelt von Cecilia Brüggemann, geb. Monert, aus Oschersleben, Januar
       2005.


 

Seite 132                                              Walter Schmidt
 

Marsch über die von deutschen Truppen verbrannte Erde ihrer Heimat,
wo die Angehörigen häufig von Deutschen umgebracht worden waren,
stießen diese Soldaten der kämpfenden Fronttruppe nun voller Hass auf
alles Deutsche und suchten Rache für das ihnen Angetane zu nehmen.
Es lohnt, Briefe sowjetischer Soldaten aus dieser Zeit zu lesen, um zu
begreifen, wie tief ihr Abscheu gegenüber den Deutschen, wir groß ihr
Hass nach dem, was sie in ihrer Heimat erlebt hatten, war. (99)
Es traf dabei wieder vor allem Unschuldige und nicht selten Menschen,
die das Naziregime verabscheuten oder sogar dagegen aufgetreten waren.
Das vor allem war die tiefe Tragödie, die Martin Scholl Ende Januar 1945
in Auras im Alter von 46 Jahren traf. Er wurde nachweislich erschossen,
nicht in seinem Pfarrhaus, wo die Oberin Maxima starb, sondern in einem
Keller auf einem Grundstück etwa 150 Meter vom Pfarrhaus entfernt,
zusammen mit sieben älteren Menschen. Unweit davon waren im Walter-
Garten noch zwei weitere Massengräber mit je sechs Toten. „Es waren
alle ältere Personen“. (100) Ob allerdings 150 Auraser im Stadtzentrum von
den Russen erschossen wurden, wie wiederholt erwähnt wurde, (101) muss
stark bezweifelt werden. Außer den drei Massengräbern, in denen jeweils
höchstens sechs bis sieben Leichen bestattet waren und von denen eines
auf den Auraser Friedhof umgebettet wurde, sind mir nur einige Ein-
zelgräber bekannt sowie ein Massengrab mit vier Soldaten, das ich selbst
im Februar 1945 auf einem Wochenendgrundstück mit angelegt habe. Es
könnte sich danach um etwa 40 bis 50 Stadtbewohner handeln, die Ende
Januar 1945 in Auras den Tod fanden. Wie es dazu kam, vermag niemand
zu sagen. Da bleiben nur sicher nicht unglaubwürdige Vermutungen. Für
die durchaus nicht unwahrscheinliche Version, wonach Schwester Annun-
ciata auf dem Wege von der Kirche ins Pfarrhaus von einem „Mongolen“
massakriert wurde, die sich in allen freilich nicht immer richtigen Berich-

 

____________

  99   Elke Scherstjanoi (Hg.), Rotarmisten schreiben aus Deutschland. Briefe von der Front
         (1945) und historische Analysen, München 2004.
100   Brief von Schwester M. Agata an Stefanie Jaschick, Uraz, 22.02.1948.
101  Johannes Kaps, Die Tragödie Schlesiens 1945/46 in Dokumenten. Unter besonderer
         Berücksichtigung des Erzbistums Breslau, München 1952/3, S. 293f.; Johannes Kaps,
         Vom Sterben schlesischer Priester 1945/46. Ein Ausschnitt aus der schlesischen Passion.
         3.verbesserte Auflage von Emil Brzoska (Herausgeber Winfried König. Apostolischer
         Visitator der Priester und Gläubigen aus dem Erzbistum Breslau), Köln 1990, S. 89f.;
         Wohlau-Steinauer Heimatblatt, Nr. 7/2000, S. 15.

 

 

                                          Martin Scholl (1898–1945)                                          Seite 133
 

ten über Auras im Januar 1945 wiederfindet, (102) hat sich bisher noch kein
direkter Augenzeuge gefunden. Wenn es so war, dann muss es jemand
erlebt haben, der es noch weitererzählen konnte und dann selbst umkam.
Zusammen mit den anderen Toten aus dem Keller in dem Haus von
Walters in der Lindenstraße war Martin Scholl zunächst auf dem Hofe
dieses Grundstücks von ehemaligen polnischen Zwangsarbeitern in einem
Massengrab vergraben worden. Von einem daran beteiligten Polen erfuh-
ren später die Deutschen, wo Martin Scholl zunächst unter die Erde
gebracht wurde. Die Bestattung der zahlreichen Toten in der Stadt war
die erste Aufgabe, die die im Hause des evangelischen Pastors Halm neu
eingerichtete sowjetischen Kommandantur den noch lebenden Zivilisten
gleich welcher Nationalität in und um Auras befahl. Als ich etwa Mitte
Februar 1945, nachdem Auras – nach dem Aufrollen des linken Oderu-
fers durch die sowjetischen Truppen von Maltsch aus in Richtung Breslau
seit dem 8. Februar (103) – keine Frontstadt mehr war, aus der Siedlung ins
Stadtzentrum kam, gehörte dies auch zu meinen ersten Arbeiten. Zusam-
men mit dem Nachbarn Adolf Gottschalk, einem älteren Schiffer aus der
Siedlung, hatte ich Tote zu bestatten; darunter waren auch mehrere deut-
sche Soldaten, aber auch die Oberin Maxima, die wir an der Grenzmauer
des Pfarrgartens beisetzten.
Im kalten Winter 1945/46, genau am Silvestertag 1945 haben meh-
rere inzwischen nach Auras zurückgekehrte erwachsene Männer, darunter
Anton Walter und Fritz Gimmel, (104) zusammen mit einigen von uns Jun-
gen, damals grad Fünfzehnjährigen, das Massengrab auf dem Grundstück
Walter geöffnet und alle Toten, Pfarrer Scholl und Oberin Maxima in
provisorisch gezimmerten Särgen, auf den Auraser Friedhof umgebettet.
Martin Scholl erhielt wie auch die Oberin Maxima eine eigenes Grab. Ein
polnischer Franziskaner soll die Gräber eingesegnet haben, (105) woran ich
mich nicht mehr erinnern kann. Auch nicht erinnern kann ich mich, dass
bis November 1946, als wir zwangausgesiedelt wurden, bereits ein Grab-
stein für Martin Scholl existierte. Er muss erst später aufgestellt worden

____________

102  Kaps, Die Tragödie Schlesiens, S. 294.
103  Ebenda, S. 116ff.; Rychard Majewski, Die Schlacht um Breslau. Januar bis Mai 1945,
         Berlin 1979, S. 34ff.
104  Auskunft von Marianne Gimmel, 28.01.2005.
105  Schwester M. Agata an Stefanie Jaschick, 22.02.1948: „Wir hatten über Neujahr einen p.
Franziskanerpater hier, der hat beim H. Pf. gleich richtige Beerdigung gemacht, die anderen  Leichen wurden eingesegnet.“  So auch in der Abschrift eines Briefes von St. Jaschick,
o.D.
 

 

Seite 134                                                      Walter Schmidt
 

sein. Ungelenk sind – sicher von keinem Steinmetz, sondern eher von
einem Laien – die folgenden Worte in den Stein gemeißelt:

 

„Martin Scholl.
Parochus in ecclesia
Auras.
* 29.12.98 †27.1.45.
sac. 17.3.23.
R i p“

 

Gräber von Pfarrer Martin Scholl und Matia Wenke

Wem dieses Verdienst zukommt, war bisher nicht zu erfahren. Mögli-
cherweise haben es in Auras lebende, für Polen optierte Deutsche getan.
Ebenso gut kann es das Werk des polnischen Pfarrers gewesen seien. Auf
jeden Fall ist das Grab heute in der Pflege der Pfarrei, und diese ist nicht
zuletzt von Schulkindern der Szkoła Podstawowa im. „Unii Europejskiej“
von Uraz übernommen worden. Bilder bezeugen dies.  Besuchen ehe-
malige Auraser Katholiken, aber auch Protestanten heute ihr Städtchen,
geben sie jedesmal Martin Scholl im Gedenken an sein Leben und frucht-
bares Wirken als Pfarrer von Auras mit einem Blumengruß auf seinem
Grab die Ehre.


__________________________

         Bilddokumentation „Opieka nad niemieckimi grobami“, Johannes Jaschick überreicht bei
         seinem Besuch der Urazer Skoła Podstawowa „Europäische Union“ und dem Treffen mit
         der Schulleiterin Bernadetta Weselowska, dem Pfarrer Przemmysł Gondek, dem Land-
         rat und Bürgermeister von Oborniki Jerzy Wisniewaki
und weiteren Persönlichkeiten
         das öffentlichen Lebens am 19.08.2002. Vgl. Johannes Jaschick, Vizepräsident a.D. des
         Wirtschafts- und Sozialausschusses der „Europäischen Gemeinschaften“ an den Apostoli-
         schen Protonotar Prälat Winfried König, Brüssel, 04.09.2002 sowie Vermerk von Johannes
         Jaschick über diesen Besuch für das European Economic and Social Committee, Brüssel,
         29.08.2002.

 

________________

Quellenangabe:

Die Biografie des katholischen Pfarrers Martin Scholl erschien im:

"Archiv für schlesische Kirchengeschichte". Im Auftrag des Instituts für ostdeutsche Kirchen- und Kulturgeschichte, herausgegeben von Joachim Köhler, Bd. 63  (2005), Aschendorff Verlag GmbH & Co KG, Münster 2006 (ISBN 3-402-04253-3). S. 105-134.
Der Autor der Biografie: Prof. Dr. Walter Schmidt, geb. 1930 in Protsch-Weide, Kreis Breslau, jetzt wohnhaft: Paul-Junius-Str. 58, 10369 Berlin, lebte vom Frühjahr 1933 bis 16. November 1946 in Auras/Oder. Über e-Mail erreichbar:  schmidtwberlin@aol.com     

 

 

 

 

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